Die Methode
Prismatische Psychokatalyse
Prismatisch-katalytische Gespräche öffnen in Therapien, Supervisionen und Beratungen sowie in Betreuungssituationen und
Lernprozessen kreative Resourcen, in denen sich soziale, kulturelle und Sinnfragen entfalten lassen.
Gleichzeitig lassen sich damit belastende Übertragungsprobleme bei Ärzten und Psychotherapeuten, bei Pflegenden und Helfern
sowie bei Seelsorgern, Lehrenden und Beratern auflösen.
Den Begriff Prisma fanden wir in einem Vergleich zum Sonnenlicht, dass die Vielfalt seiner Farben prismatisch entfaltet.
Prismatik als gruppentechnischen Verfahrensbegriff haben wir von dem Psychoanalytiker Loch übernommen. Er verglich
Balintgruppen mit einem Prisma, mit dessen Hilfe sich die Arzt-Patient-Beziehung in den vielfarbigen Facetten des
monochromatischen Lichts auffächern lasse, ohne dass psychogenetische und Widerstandsarbeit notwendig sei.
Wir konnten diese Vorstellung in prismatischen Balintgruppen sowie in psychotherapeutischen, beratenden, supervidierenden und
pädagogischen Anwendungsbereichen weiterentwickeln. Die Psychokatalyse wurde von dem Analytiker Andrei Ermoshin beschrieben.
Analytische und prismatisch-katalytisch orientierte Gespräche lassen sich damit aufeinander beziehen und ergänzen.
Theoretisch stützt sich die prismatische Psychokatalyse auf Vorstellungen, nach denen unser Erleben weitgehend bestimmt wird
durch unbewusst miteinander vernetzte, soziale, kulturelle und familiäre Identitätsbereiche. Unsere
Beziehungs- und Ich-Vorstellungen sind zum grossen Teil in diesen Erlebensmustern eingebunden.
Während analytisch versucht wird, die familiär bedingten Verhaltenseinengungen zu verstehen und zu lösen, ermöglicht die
prismatisch-katalytische Lösung und Transformation eine Ich- und Beziehungs-entlastende Entfaltung neuer Freiheits- und
Gestaltungsräume, in denen ganzheitliche Wahrnehmungs- und Einfühlungsbereiche sich erschließen lassen und eine
Ich-Erweiterung im Sinne einer toleranteren mitmenschlichen Haltung und Bewertung sich entfalten kann.
Franco de Masi beschreibt in der Psyche unterschiedliche Ebenen und Qualitäten des Unbewußten. Er unterscheidet hierbei vor
allem die Freudsche Vorstellung des „dynamisch Unbewußten“ von dem sich auf Bion und die heutigen Neurowissenschaften
stützenden „emotionalen Unbewußten“. De Masi sieht im emotional Unbewußten, eine zum Teil nicht auflösbare, nicht verstehbare
und psychodynamisch nicht zu bearbeitende Ebene, die besondere Behandlungstechniken vor allem für psychotische Patienten
erfordert. Wir sehen hierin eine Verwandtschaft zu Castoriadis, der bereits 1984 das gesellschaftlich Unbewußte, als die
eigentliche Quelle des psychosozialen Verhaltens beschrieb.
In Gesprächen mit psychotischen, psychosomatischen und gewalttraumatisierten sowie mit sterbenden Patienten zeigt sich
prismatisch-katalytisches kommunizieren als besonders wertvoll, da hiermit blockierte Erlebensbereiche und Gefühle mobilisiert
werden können, ohne dabei auf die Symptomatik und die Beziehungsproblematik des Patienten zu fokussieren.
Gleichzeitig läßt sich auf diese Weise die Überforderung von Gesprächspartnern psychotischer und gewalttraumatisierter
Patienten reduzieren und damit u.a. das Behandlungsklima vor allem in psychiatrischen Kliniken verbessern.